Der Hund mit Händikäpp: Teil 1+2

Die Geschichte handelt in der "Frankenpfalz". Das ist das Grenzgebiet zwischen Oberfranken und der Oberpfalz. Dort mischen sich die Dialekte und es kann schon einmal passieren, dass aus einem "niat" ein "neet" wird. Außerdem ist auffällig, dass beim Sprechen immer wieder einzelne Wörter oder ganze Satzteile in Hochdeutsch einfließen. (Oder sagen wir, in dem, was man hierzulande für Hochdeutsch hält.)

TEIL 1:

Vroni kommt zur Welt

Eine schwangere Hündin entbindet am Rande der Oberpfalz, in Sichtweite von Oberfranken, ihre Welpen. Alles läuft normal, bis zum Ende der Geburt. Sechs Welpen sind schon da, da stockt die Entbindung. Lange passiert nichts. Bis dann doch endlich nach langem Trara: "Schau, da kommt noch eins." "Wos is denn des? – Dau mit dej Hinterfejß passt wos niat." "Wej von an Frusch, der nu a Lurchi is." "Des Fejßl is nu niat ganz firte gwen." 
Ein Mädchen ist’s. Und das ist wohlauf, bis auf seine Fejß. Drängt gleich nach dem Abnabeln Richtung Zitzen der Mama. "Des wär endlich gschafft!" "Ejtza schlouffns alle, und die Moutter a."
"Na, wej solls denn mit dem niat ganz firtinger Welpen-Moidl eigentlich weitergej?" "Na, des hout ka Überlebenschance", sagt da wer, "des wird derschlong." "Du spinnst wohl!", sagt der andere, "des zejch i af. – Vroni soll’s heiß’n." 
G’sagt is glei wos, aber getan? Vroni ist immer im Nachteil, wenn die Welpen sich an die Zitzen der Mutter drängen. Bis spät in die Nacht, am frühen Morgen und mehrmals pro Tag muss er den Mini-Welpen zum Trinken an die Zitzen der Mutter anlegen, damit sie auch ihren Anteil bekommt. Fee, eine erfahrene und geduldige Hündin, versucht von sich aus, sich in die richtige Position zum Trinken für die Welpen hinzulegen. Aufopfernd versorgt sie alle ihre Welpen, besonders Vroni.
Der Rüde Franz – über ihn später näheres – versorgt Fee mit besonderen Leckerein: A Bröckerl Fleisch, a Trümmerl Kes, a Stickerl Wurscht, dass Fee bei Kräften bleibt – und so geht alles gut. Franz hat da einen besonders guten Charakter, dass er die Mutter versorgt. Normalerweise teilen Hunde nicht mit anderen.
Wochen vergehen, alle Welpen gedeihen gut. Auch des Krischperl. As Fell is hauptsächlich schworz, hot a weiße Brust und zwa weiße Vorderboina. Sogouer die Kralln sen weiß. Und die Rute is nach hinten naus a Stickerl braun. Nicht zu vergessen, der halbe Nasenspiegel fleischfarbig, deutet auf eine Pigmentstörung hin, sieht aber gut aus. Wunderschöne braune Kulleraugen.
A schejns Dingerl. Und hat ein Recht zum Leben. Des hintere linke Fejßl is verkümmert. Aber des stejert unere Vroni überhaupt net. Dej rennt und flitzt genauso schnell wej ihre Gschwister. A bisserl kleener is halt, aber des is a der einzige Unterschied. 
Alle G’schwisterla wern vermittelt. Blouß uner Vroni bleib ibere, is des net gemein? Vroni hockt neben ihara Mama und hat gar keinen mehr zum Spielen. Aber sie lernt in dieser Zeit sehr viel von ihrer Mutter.
Und von ihrem Onkel Franz. Einem alten, ausgedienten Jagdhund. 

Onkel Franz

Franz von der steinernen Buche, Jagdhund der Rasse Griffon, auch "Meister Graubart" genannt, hat mit seinem Herrn so manche wilde Sau geritten, war bei jedem Halali dabei. Doch mit den Jahren ist das "von" verblasst und sein Herr hat jetzt einen neuen Jagdhund, deutsches Drahthaar, Hubertus von "ich weiß nicht wo".
Onkel Franz war früher so ziemlich der "beste Freund" von Vronis Mama, einer kleinen Münsterländer-Hündin. 
Onkel Franz, ausgestattet mit einem Herz wie ein Löwe, der Gedult einer Zimmerpflanze und der Ruhe einer Schildkröte hat er sein Leben bestens gemeistert und darf jetzt seinen Lebensabend in allen Zügen genießen und hat viel Zeit. 
Franz nimmt die Vroni unter seine Fittiche und bringt ihr alles, was ein guter Hund können muss, bei.
Und die Behinderung? – Welche Behinderung?
So, wie in der Tierwelt bekannt, übernimmt nach der Säugezeit, wenn die Mutter vollkommen fertig ist, oft der Vater oder der gute Onkel die weitere Erziehung der Kinder, so wie jetzt Onkel Franz bei Vroni.
Onkel Franz hat gute Arbeit geleistet. So vorbereitet kann man die Welt erobern. Und das hat Vroni auch vor. 
Doch dazu fehlt noch das richtige Frauchen oder Herrchen. – Vroni wär ein Herrchen lieber. – Doch wie das Schicksal so spielt, kam da Annabell daher. Zwölf Jahre alt. Die gleichen rabenschwarzen Haare, Sommersprossen – deutet auf eine Pigmentstörung hin – sieht aber gut aus! Große braune Kulleraugen, Fingernägel weiß lackiert und selbstbewusst bis in die Haarspitzen. Und beide ziehen los, um die Welt zu erobern. 

Vroni zieht in ihr neues Zuhause

"Der hout ja an krumma Hax’n!", schreit beim Betreten des Hauses Annabells Bruder Bernhoart. "Der dau is a Dej!" "Grood Du mit Deine Segelflieger-Löffel und Quadratlatschn brauchst wos song." 

Die Familie von Annabell hat an sich kein Problem mit nicht normgerechten Körperteilen: Der Opa hout grouße Löffel und Quadratlatschn, Tante Hanne hout grouße Löffel und Quadratlatschn, der Papa hout Glick g’habt der schläjgt ejherer noch der Oma. A die Annabell hout grouße Ouhern, blouß die kaschierts mit ihre Houer. – Ober ma sagt, Leit mit grouße Ouhern sin gscheide Leit.
Genetik und Umwelt: Die beiden Hauptursachen, wie einer wird. Grouße Ouhern is Genetik. Wej gout damit einer hejert, des is die Umwelt. 
Des is amal a richtige Familie: Eine Brutstätte der Zufriedenheit und des Glücks, eine Keimzelle der Nächstenliebe.
Vroni wurde in der Familie von Annabell freudig aufgenommen. Es freut sich die Mama, der Papa, die Oma, der Opa … der Bernhoart is ihr egal. Sej krejgt ihr Kiarbl, zwa naie Näpf, an firs Wasser, an firs Fouter, a schejna Deckn und a wenga Spilzaich. 
Tante Hanne: Mittdreißger und ledi. Handarbeitslehrerin. Überaus beliebt bei ihren Schülern durch ihr Können und Wissen. Genetisch nicht änderbar: große abstehende Ohren und große Füße, vom Opa geerbt, und der Papa hat gsagt: "Dej wird uns ibri bleim." Annabell waß net, was er meint.
Die Hanne is Beamtin. Da houts vüll Glück g’habt, dass als Lehrerin des worn is. Des is heutzutage goua net mehr sua leicht, in Bayern verbeamtet zu werden. 
Durch eine wunderbare Familie ist umwelttechnisch alles richtig gelaufen. 
Wej dej Tante Hanne die Vroni siahrt, kummt ihr Standard-Spruch: "Ich liiiebe Dich! Ich liiiebe Dich!…" Weil, die Tante Hanne liebt alles, vom Zwerch-Hosn ibers Zieberl bis zu der klan’n Sau. Blouß kan Ma hout’s o’grejgt. – Vielleicht hout’s desweng su an Hafn Liebe ibrich. 

Teil 2:

Dej Eltern vo der Annabell:

Der Vater, der Boders-Koarl:
Der Hausnama "Boder" kommt vom Opa und der Oma. Die hatten beide mitanana bis zur Rentn a Friseur-G’schäft im Haus, daraus is der Hausnama "Boder" ibriblim.
Der Koarl, der Bou vo de Boders-Leit, der Papa von der Annabell is a Polizist. A ganz a schorfer Hund, song d‘ Leit. "Is goar net woua", sogt da Koarl, "Ich mog’s blouß ned, wenn d‘ Leit kei Regeln beachtn. Des funktioniert scho bei Hundn net, wenn kane Regeln da sin, die eing’holten wern." 
Da dout se momentan der Berhoard a a weng hoard, Annabells ständiges Streitobjekt. Der is a richtiger pupertierender vierzehnjähriger Rotzlöffel.
Da Peter, da Freind vom Koarl, nimmt’s a net so genau mit Regeln. Is scho mal bei roud iber die Ampl g’foarn und hout a scho a paar Zetterla, weil er z‘ schnell g’fahr’n is. Etzt haut er a Brejferl grigt, beim geringsten Patzer laft a. Ernst nimmt er’s ned, weil er a weng oxert is. 

Die Mutter, die Boders-Martina:
Die Martina, die Mutter vo der Annabell, is Verwaltungsangestellte und macht etza "Houm-Offis" fir die Gemeinde und kann su halbtags vo dahamm aus arbern. Ihara Brouda is "Neger bei die Amis in Grafenwöhr", des sogt a immer, also der erbat im Lager. A Necher moubei uns net zwingend schworz sa. Es git a weiße Necher, wenn aner firn onern die Drecksarbert macht, hinterherputzt, es Werkzeuch aframt, as Bejer holt, die Broutzeit besurgt, und suar weiter… Es gejt bis kurz vors Orsch-o-Putzn – und suawos is der Onkel bei de Amis in Grafenwöhr. Aber dej zohln holt guat. 
Vroni hat jetzt eine Steuermarke am Halsband, weil sie selbstverständlich von Annabells Eltern auf der Gemeinde angemeldet worden ist. – Wieder ein Steuerzahler mehr!

Näheres über Opa und Oma von Annabell

Die Eltern von der Annabell ihrm Papa, Opa Heinz und Oma Uschi – eigentlich Ursula, aber das sagt keiner, sind beide Friseur. Sie haben sich nach ihrer Lehrzeit auf der Freisprechungsfeier kennengelernt. Es war Liebe auf dem ersten Blick und ab diesem Tag waren die beiden unzertrennlich. Sie haben in der Schdod g’arbert, in verschiedenen Frisurgeschäften. Dann is der eine Boder (Friseur) im Opa seinem Heimatdorf plötzlich verstorben, ohne dass ein Nachfolger da gewesen wäre. Da ham’s dem Opa des G’schäft angeboten. Er hat sich mit der Oma beratschlagt und die hat g’sagt: "Des kimma gar net aslouer, des mejma machn." Da hat’s dann aber noch ein Problem gegeben, weil der Opa sein’n Meister noch net g’macht hatte. Da hat der eine Genehmigung gebraucht, weil er noch so jung war, dass er den vorzeitig machen konnte. Deshalb hat sich des a weg verzögert, bis er des G’schäft wieder eröffnen konnte. 
Iber dem Friseurg’schäft war a Wohnung, die hat dazug’hejert. Da hams glei g’heiert und sin zamzong. Des war all’s kei Problem, blouß dem Opa sei Schäferhund, der Hasso, und der Oma ihr Zwergspitz-Rüde Herkules moußtn sich erst zamraufn. 
Als die Fronten geklärt waren, hat sich der Zwergspitz ins Schaufenster glegt und den ganzen Toch nix anders g’macht, als die Leit zu beobachten. Wenn nan a Fremder streicheln wollt, dann hat er g’schnapt. Des hat der bald rausg’habt, da is er ganz ruhig gleng, wej wenn a asg’schtopft g’wejn wa, bis einer unvorsichtig worn is und doch nouglangt hot… "Du hinterhältiger Krippl!", schimpft dann immer der Opa, und schmeißt nan die Houerbirschtn hinterher und des siat d‘ Oma goua net gern. Aber der Herkules kennt des eh scho und duckt se immer weg. Sou genau kann der Opa eh net schmeiß’n. 
Der Hasso war der Dorfhund, oder Bezirksfreigänger. Er is im ganzen Dorf rumg’schlichn, hout si mitten af die Strouß noglegt. – Es war ja damals praktisch kein Verkehr und gestöhrt hat sich niemand daran. Praktisch alle Hunde sind frei durchs Dorf gestreunt und haben sich mehr oder weniger vertragen. Der Hasso hat so richtig seine feste Tour gehabt, und hat nacheinander die ganzen Häuser abgegangen, wo er wusste, dass er ein Stückchen Wurst erbetteln konnte. Er hat sich vor’s Küchenfenster gestellt, ein kurzes: "Wuff!", um sich bemerkbar zu machen, eine freundliche Begrüßung und ein Stückchen Wurst kassiert. Beim Bauern ist er immer im Stall verschwunden und hat mit den Säuen zusammen aus dem Trog gefressen. Gedrückte warme Kartoffeln mit Kleie und Kuhmilch. Natürlich kannte er auch jede Hündin im ganzen Dorf. 
Der Umgang mit Hunden war damals ein völlig anderer als heute. Die Allgemeinheit hatte ein völlig entspanntes Verhältnis dazu. Es gab viel weniger Hunde und von den Wachhunden abgesehen, die nicht freilaufen durften, sondern an der Kette lagen, streunten alle frei durchs Dorf. Ihr Verhältnis untereinander klärten sie selber und Menschen gegenüber machten sie eigentlich keine Probleme. Es wurde sich viel weniger um die Hunde gekümmert, aber das ganze soziale Umfeld, auch der Hunde untereinander sorgte für ein ausgeglichenes Wesen. Das ist heute noch so in den Ostblockländern und vielen anderen Gebieten der Welt. Deshalb führt es oft zu Problemen, wenn erwachsene Hunde, die unter ganz anderen Verhältnissen großgeworden sind, in unsere moderne Welt importiert werden. Das gewohnte freie Leben ist dann vorbei. Der Hund muss ständig kontrolliert werden, damit er andere Menschen nicht beängstigt, nicht den Straßenverkehr gefährdet und nicht selber von den zahlreichen ihm ungewohnten Bedrohungen der modernen Welt gefährdet wird. Oft reagieren solche Hunde überfordert, werden Verhaltensauffällig und landen – wiederholt – im Tierheim. Da ist es manchmal wirklich die Frage, ob nicht der Spruch etwas Wahres hat: "Lieber ein kürzeres Leben in Freiheit, als ein langes Leben in deutschen Tierheimen." Wer einmal einen Hund gesehen hat, der in Bezug auf sein Schicksal völlig resigniert hat, der weiß, von was ich rede. Andere versuchen sich mit Aggression dagegen aufzulehnen. Einen Hund, der mit den Gegebenheiten in seinem Heimatland zurechtkommt, sollte man nicht "zwangsretten".
Am Anfang is des G’schäft neat soa g’loffn. Ejerscht, wej die Bürgermeister-Gattin amal dringend sich die Houa hout richt’n loua mejn, weil’s ihran Mo begleiten gmeist hout af ara grouße Versammlung (Wahlkampf) und dann su begeistert woar, dau sen dann die annern a kumma. Weil, des wor im Dorf glei rum, walls su gern g’ratscht hout – dej alte "Sauratschn".
Was der Opa heute noch erzählt ist, dass sein Friseurgeschäft das erste öffentliche Telefon gehabt hat: "Des kinna sich die gunga Leit heitzerdoch gauer net vorstelln. Nix Händi oder Smartfohn, oder Kompiuter. Des woarn die sechzger Jouer des vorigen Jarhunderts. Im ganzn Dorf nur ein Telefon. Wenn einer telefonieren wollt. Musster zum Boder gej. Des is na grod fuchzg Jouer her." Des gleiche wors mit dej Autos. Dou hout se doch keiner a Auto leistn kinna. Da hout der Opa des ejerschte Auto g’habt, an Opel Kapitän, a mords Trumm Schiff. Der hout a 12 bis 15 Liter Sprit g’soffn, aber des hout damals ka Rolln g’spielt. Wenn aner in die Stodt g’mejst hout, ins Krankenhaus, zur Untersuchung, da hout der Opa a weng Chauffeur spieln derm. Da is dann der Choiffeur zum Chauffeur g’worn. 
Und so haben Oma und Opa bis zur Rente ein schönes Auskommen gehabt. 
Oma und Opa vo der Annabell sind vor kurzem ins Austragsheiserl (=Nebengebäude) gezogen. Der Papa und die ganz‘ Verwandtschaft ham des hergricht. A Schejns Schloufzimmer, a grouße Wohnkuchn, an Kühlschrank mit G’frierfach. Waal: "Vüll brauchn wir ja nimmer", haut Oma g’sagt. Wichtig war ein schönes Bad mit ara Boudwanner mit Einstiech. D‘ Oma sagt: "Wir ham natürlich auch a schejns Kirberl fir die Vroni g’richt, wenn’s ab und zu amal auf Bsuch kummt. 
Manchmal ist der Opa scho a weng komisch. Er will se net vo alt’n Leitn a Neijouer winsch’n loua. Denn alljouer kummt die Nachbarin Kunni in aller frej o’gschissn zum Neijouer winsch’n. A Mal houts schou frej umma sechser Sturm g’litt’n. Dou hout erer der Opa gouer neat afg’macht. Annabells Mama weiß um das Problem und schickt glei frej Annabell und Vroni zum Opa und zur Oma. "Hi, Grandpa!" "Wos sag’st, Moidl?" – "Servus Opa!" – "Siast, des gejt a Deitsch! Das dej junga Leit immer auswärts rejn mejn." "Opa, ich will Dir und der Oma a g’sunds neis Jouer winsch’n, bevur Kunni kummt." "Ja, wos jungs, des is ganz wos oners. Gel Vroni, da bist Du a daba." 
"Na, des Silvester, da ham mer a coole Party g’feiert – open End." – "Mensch, Opa, Du konnst ja a Englisch!" – "Gej Moidl, da schaust. Fremdsprouchn sin wichti, lerns na."
Annabell fragt Oma: "Wos gib’s denn Neijouer zu essen?" – "Spoutzn, Staoarl und a Brej." – An die Feietoch und am Sunnta mouß Spoutzngehm, ma sagt auch "Knierdla" dazu  (grüne Klöse aus teilweise rohen Kartoffeln), natürlich mit Bröckerla drin, sonst is’s nix. (Bröckerla: klein gewürfelte Semmeln, die in Butter angeröstet werden und mittig im Klosteig platziert werden.) Dazu gibts Stoarl (Fleisch) und a Brej (Soße). "Da frait sej a dej Vroni, wal so a Spouzn mit Brej hout nu kan Hund um’bracht."
"Wej hout denn d‘ Vroni auf des ganze Geballere letzte Nacht reagiert?" – "Gott sei dank, dej is schussfest, hout nu den Raketerern nauchig’schaut, wejns aufn Himmel nauf pfitscht sen." – "Des houts wohl vo der Mutter." 
Vronis Mama, Fee vom Tiefen Grund, passionierte Jagdhündin, schussfest! Auf einem ihrer Jagdzüge mit ihrem Jäger, während ihrer Läufigkeit, is doch des Louder Stravanzen ganga, und kam natürlich belegt zurück. ("Belegt" = schwanger, tragend)
Vronis Vater, ist nicht bekannt, wie so oft: "unbekannt verzogen". Also gehört Vroni zu der Rasse "Eskannja" (es kann ja alles sein). Des is der Vroni aber wurscht. 
Da hat die Annabell mit der Vroni ein riesen Glück gehabt, weil viele Hunde und auch andere Haus-, Stall- und Wildtiere sehr geräuschempfindlich sind. Sie werden durch das laute Geknalle und Pfeifen und Kreischen der Silvesterraketen hochgradig erschreckt und geraten in Panik. Viele Hundehalter denken mit Schrecken an diese Silvesternacht. Deshalb sollte man sich auch unbedingt mit der Schieß- und Knallerei auf die Silvesternacht beschränken. 
Vronis ältere Schwester, Heidi, die fünfte aus dem Wurf, eine sorgenfreie, offene Hündin, weiß-braun, hat es nicht so leicht. Ihr Frauchen, Karolin – mit "K", denn sie hätte ein Bub werden und "Karl" heißen sollen – als ihr Frauchen hat sich mit der kleinen Heidi einen Lebenstraum erfüllt. Sie wollte schon immer einen Hund haben und nun, nach einer gescheiterten Ehe, kümmert sie sich liebevoll um Heidi. Am Silvester-Nachmittag um zwei Uhr, Frauchen Karolin führt Heidi früher als sonst im Wald aus, weit weg vom Ortsrand, denn sie hat schon Bedenken, wie Heidi auf das am Abend zu erwartende Geballere reagieren würde und möchte bis dahin wieder im Haus sein. Sie hat schon geplant, wie sie für den Abend vorsorgen würde. Bei heruntergelassenem Rollo in der Wohnung, mit einer Geräuschkulisse aus lautgestelltem Radio und Fernseher, die hoffentlich die Außengeräusche ausreichend übertönen werden.
Die Vorsichtsmaßnahme ist umsonst: Schon während des Spaziergangs, trotz der frühen Stunde und der einsamen Strecke geht es los! Plötzlich donnerten zwei Raketen und drei Böllerschüsse gen Himmel. Irgend jemand schießt schon früher als erlaubt. Heidi erstarrt zu einer Salzsäule. Ein furchtbarer Schreck hat sie erfasst. Kurz darauf gerät sie in Panik. Sie versucht verzweifelt wegzukommen, rennt dabei um Frauchen Karolin und wickelt sie ganz in die Leine ein. Sie zittert am ganzen Körper, will nur noch weg. – Viel gutes Zureden ist nötig, bis Heidi sich von Karolin auf den Arm nehmen und nach Hause tragen lässt. Hechelnd und keuchend verkriecht sich Heidi im Esszimmer unter der Eckbank. Völlig verstöhrt liegt sie dort und ist den ganzen Abend, die ganze Nacht über, bis zum nächsten Morgen, nicht mehr hervorzubekommen. Die bereits stubenreine Hündin verrichtete ihr Geschäft aus lauter Angst wieder in der Wohnung. 
Gedankenlosigkeit richtet oft großen Schaden an. 
Durch sehr viel Zuneigung schafft es Karolin, ihre Hündin Heidi in den nächsten Tagen wieder zu stabilisieren. 

Fortsetzung folgt.