„Mein Hund – das Leittier“ ODER „Du tust mir leid! – Tier.“

Warum haben wir immer wieder mit auffällig gewordenen Hunden zu tun, sei es jetzt in besonders aggressiver oder in überängstlicher Form?
In der Regel handelt es sich bei diesen Tieren um führungslose Hunde, welche trotz Herrchen oder Frauchen keinen ausreichenden Rückhalt haben. Diese Tiere versuchen selbst, mehr schlecht als recht, als Leittier aufzutreten.
Der Nährboden für Aggressionen und Ängste ist die Unsicherheit! Der Hund lebt in einem Rudel. Es ist dem Hund hierbei egal ob es ein reines Hunderudel oder ein Mensch-Hunde-Rudel ist, das Verhalten innerhalb des Rudels ist für ihn dasselbe. Wenn die Führungs-Positionen nicht eindeutig geklärt sind, kommt es in jedem Rudel zu Machtkämpfen, Unsicherheiten der einzelnen Mitglieder, zu Angst, Frustration und letztlich Aggression, welche sich nicht nur innerhalb der Gruppe, sondern auch gegenüber Fremden zeigt.
Dieses Gruppenverhalten ist im Übrigen auch beim Menschen so zu beobachten. Allerdings haben Menschen hier die Möglichkeit, vernünftig miteinander zu reden, philosophische Überlegungen anzustellen – das kann der Hund nicht. Aus der Sicht des Hundes kann nur ein klar strukturiertes Rudel überleben. Das Leittier muß die Positionen der einzelnen Gruppenmitglieder eindeutig klarstellen. Auch wenn das "Leittier" in unserem Fall der Hundeführer ist, muß er sich dieser Rolle entsprechend verhalten. Nur so kann er die Ordnung in der Gruppe sichern. Der schwache Rudelführer – und leider tritt der Mensch gegenüber seinem Hund fast immer passiv auf – produziert unweigerlich Probleme.

Das Problem „Mensch":

In der Natur nimmt der Rudelführer – das Leittier – ohne zu zögern seine Aufgaben in autoritärer Weise war. Der schwache, unsichere, unkonsequente, grobe, laute, nervöse, ängstliche Hundeführer "Mensch" bringt das ganze Ordnungsgefüge, das ganze Weltbild des Hundes durcheinander.
Womit wir beim Kern unseres Problems wären. Durch die teilweise Vermenschlichung der Tierwelt (in Büchern, Comics, Spiel- und Zeichentrickfilmen) und ganz besonders unserer Hunde wird dem Haustier ein Verhaltensschema aufgezwungen, mit dem es nicht klarkommen kann. Der Hund hat den Menschen über Jahrtausende begleitet, er ist aber eben dennoch kein Mensch. Die in unserer modernen Zeit veränderten Haltungsbedingungen, die veränderten Lebensräume, die neue Rolle des Hundes als Sozialpartner und Lebensgefährte, der Verlust seiner alten Rolle als Wächter und Jagdgehilfe, all das führt dazu, dass die Stellung des Hundes innerhalb der Lebensgemeinschaft des Menschen sich völlig verändert hat.
Nicht verändert hat sich aber die natürliche Veranlagung des Hundes selbst. WIR, die wir die Verantwortung für sein Wohl übernommen haben, müssen nun unser Verhalten seinem Muster anpassen, so dass er uns versteht; diese Rolle des souveränen Rudelführers erwartet er ganz natürlicherweise von uns.
Uns Menschen ist natürlich viel zuzutrauen, haben wir es doch geschafft, Rassen zu züchten, wo ein Hund dem anderen zum Verwechseln ähnlich ist. Allerdings, wohin wollen wir noch? Show-Hunde (Schauspieler) gibt es schon im Fernsehen, wann kommt der Seelenmasseur, der Psychiater, der Hund als Sozialpädagoge? Bitte! Der Hund ist sozial veranlagt, er ist ja ein Rudeltier, aber in der jetzigen Situation ist er sich im Klaren darüber, dass er selbst kein Rudel durch die moderne Welt führen kann, dies erwartet er von einem stärkeren, vom Menschen.

Kommunikation mit dem Hund

Der Hund kann nicht sprechen. Dafür sind unsere Hunde hervorragende Beobachter, sie "lesen" ihre Rudelmitglieder, sie nehmen sich die Zeit dafür. Der Hund ist ein Wesen, welches sich auf seine Beobachtungsgabe, Mimik, Gestik, Körpersprache verläßt und hier stößt er plötzlich an ungeahnte Grenzen, weil der Mensch diese Signale nicht kennt und auch beim Hund meist nicht erkennt. Hier sind Mißverständnisse zwischen Mensch und Hund vorprogrammiert!!!
Beide können aber den Umgang miteinander lernen, der Mensch und der Hund.
Der Hund ist ein hervorragender Beobachter. Diese seine Fähigkeit müssen wir nutzen! Der Hund versteht es auch, neue Situationen zu erlernen und sich ihnen mit der Zeit anzupassen. Wenn – ja, wenn die Voraussetzungen stimmen und der Mensch seinen Teil in der Mensch-Hund-Beziehung richtig ausfüllt. Unsere Hunde wollen in der Regel geführt werden. Zwängen wir sie also nicht in eine Führungsposition, der sie nicht gewachsen sind und die sie auch überhaupt nicht haben wollen. Doch – was bleibt einem Tier, welches rudelorientiert denken muss, anderes übrig, wenn das jetzige Leittier (der Mensch) aus der Sicht des Hundes nicht in der Lage ist, die Situationen zu meistern und das Rudel unbeschadet zu führen, als dass es diesen Rudelführer zurückdrängt und selbst für seine Sicherheit sorgt. Dies äußert sich dann darin, dass der Hund gegenüber Fremdem ein aggressives Verhalten an den Tag legt und sich auch von dem nicht mehr als Vorrangig akzeptierten Hundehalter nicht mehr beruhigen läßt.
Der Mensch rückt heutzutage im Leben eines Hundes immer mehr in den Mittelpunkt. Er führt ihn, er jagt mit ihm, er arbeitet mit ihm, er spielt mit ihm, er weist ihm seinen Schlafplatz an, er ernährt ihn, er sollte ihn beschützen – und das ist ganz wichtig! Der Hund muß das sichere Gefühl haben, dass ihn sein Herrchen oder Frauchen schützt! Zeigt sich aber der Mensch schon gegenüber dem Hund inkonsequent, so stellt dieser zurecht seine Fähigkeit, sich gegenüber Fremdem, ja Feindlichem durchzusetzen in Frage.
Der Mensch muß gleich dem Leittier zum Wohle des Hundes agieren – der Hund kann nur reagieren. Nur dann, wenn der Hund erkennt, dass der Mensch stärker ist als er selbst, traut er ihm auch die Fähigkeit zu, ihn zu schützen. Es muß im Verhältnis Mensch-Hund eine absolut klare Führungsposition des Menschen bestehen. Ein solcher Hund wird gegenüber Fremdem völlig ausgeglichen reagieren, ein Blick auf sein Herrchen beweist ihm, daß die Lage völlig unter Kontrolle ist und keinerlei Grund für Aggressionen besteht.
Wenn der Mensch seine Rolle in diesem Zusammenspiel vernachlässigt, dann zeigt sich das sofort durch das auftretende A-Potential. Je nach Charakter des Hundes und je nach der Situation schlägt sein Verhalten in die eine oder andere Richtung aus.

Das A-Potential (Angst – Agression):

Angst:

Der Hund flüchtet sich in seine Welt, zeigt seine Angst, seine Unsicherheit. Dies weist den Halter zumeist als einen schwachen, unsicheren, hundeunverständigen Menschen aus. Er bestätigt die Angst des Hundes noch mit seinen unbeholfenen und völlig falsch angewandten Beruhigungsversuchen, er lobt in die Angst des Hundes hinein und bestätigt diese dadurch noch. Auf die wirklichen Bedürfnisse des Hundes nach einem sicheren, überlegenen Auftreten, geht er nicht ein. Der Hund wird vermenschlicht, zu sehr behütet, wie wenn man ein Kleinkind vor sich hätte. Dies ist aber keine dem Instinkt dieses Jägers und Wächters entsprechende, hundegerechte Haltung. Im Laufe der Zeit resigniert der Hund. Mit diesem Leittier (Mensch) geht das Rudel sprichwörtlich vor die Hunde.

Aggression:

Der Hund versucht die vom Menschen nicht ausgefüllte Führungsposition selbst zu übernehmen. Er versucht, von sich aus das Rudel zu leiten, und zeigt diese, seine Ansprüche deutlich an. Allerdings werden diese Anzeichen vom Menschen meist übersehen oder erst dann erkannt, wenn die Beziehung schon erheblichen Schaden genommen hat. Der Hund warnt, droht, knurrt, zieht die Lefzen hoch, schnappt, beißt und zeigt das komplette Programm der ihm angeborenen Drohgebärden.
Wenn der Hund, welcher eigentlich mehr über seine Gebärden spricht, zu bellen beginnt, dann zeigt dies, dass seine anderen Mitteilungsversuche fehlgeschlagen sind.
Der Hund versucht hier seinen Halter zu korrigieren, doch bis es dieser erkennt, ist es meist schon zu spät. Er ist im Zweifelsfall eher in der Lage mangelnde Zuneigung seines Herrchens zu verkraften, als dessen offensichtliche Schwäche.

Die Lösung:

Die Lösung dieser Probleme liegt völlig in der Hand des Menschen. Wenn dieser sich bemüht, die Signale seines vierbeinigen Freundes auf dessen Niveau zu verstehen, so erkennt er rechtzeitig, was die Stunde geschlagen hat und kann frühzeitig korrigierend eingreifen. Wichtig sind hier auf jeden Fall: Klare Kommandos, klare Richtlinien, konsequentes Verhalten.